1. Einleitung: Das übersehene Massenmedium
Der Begriff Massenmedium wird heute zumeist für Druckerzeugnisse, Rundfunk, Fernsehen und Internet verwendet. Durch die zunehmende Verbreitung dieser Medien, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts ihren Siegeszug antraten und schon bald ein Millionenpublikum erreichten, gerieten Bilderbogen, die bereits seit dem 14. Jahrhundert kursierten,[1] in Vergessenheit, obwohl auch sie zu den Druckerzeugnissen zählen. Die Gründe für das Vergessen sind vielfältig: so änderten sich mit den neuen Medien Seh- und Lesegewohnheiten, nicht zuletzt angetrieben von der nationalsozialistischen Propaganda, denn
[d]ie nationalsozialistische Kulturpolitik […] förderte in den 1930er Jahren zwar den Film als neue Technik der Massenkommunikation und Manipulation, lehnte aber den Comic als jüdisch ab. […] Gerade die moderne Technik machte den Film auch für die Nationalsozialisten so interessant: ein Massenmedium, das sich für die Prophetie eines Technikfortschritts ihrer Politik eignete. Dagegen entstammte der Comic der Gutenberg-Galaxis, dem Medium des Drucks, an den sich das Publikum der Massenkommunikation schon mehrere hundert Jahre gewöhnt hatte, so dass er sich weniger für die Prophetie eines Neuanfangs modernster Technik eignete.[2]
Ausnahmen gab es natürlich trotzdem: Sobald sich ein Bilderbogen / Comic zu Propagandazwecken missbrauchen ließ, wurde er auch gedruckt, wie man z. B. an der stark von traditionellen Bilderbogen geprägten Comicserie Prince Valiant nachvollziehen kann.[3] Zum anderen gab es große Bedenken der Bildlichkeit gegenüber:
[Es] kam eine Reserve seriöser Wissenschaft gegenüber Bildlichkeit hinzu, die in der im 19. Jahrhundert entstandenen Anthropologie mit einem unüberhörbaren Rassismus überschattet war. Francis Galton, der berühmte Neffe von Darwin und Vertreter erster eugenischer Forderungen sah in der angeblichen Konzentration von Kindern und Frauen auf Bilder ein Anzeichen niederer Intelligenz. Selbst Alfred Binet, Erfinder des ersten Intelligenztests, dessen grundlegender Ansatz Vorbild aller uns heute noch quälenden Fragebogen ist, hatte zwar immer vor dem Missbrauch seines Tests gewarnt, übernahm aber völlig ungeprüft Galtons Überzeugung, dass Frauen und Kinder eine vornehmlich bildliche Intelligenz besäßen.[4]
Dass der Comic jedoch unterdrückt wurde, gilt inzwischen als widerlegt.[5]
Spricht man heute von Bilderbogen, so konzentriert sich die Wahrnehmung des Mediums auf wenige Einzelthemen. Deutlich wird dies an Ausstellungen und den dazugehörigen Katalogen. Überwiegend nostalgische Motive werden präsentiert, viele davon aus den Bereichen Religion, des Wandschmucks (Abbildungen von Blumen, Portraits, Landschaften etc.) und der Kinderunterhaltung. Besondere Beachtung genießen dabei die Neuruppiner Bilderbogen, die Deutschen Bilderbogen und die Münchener Bilderbogen mit seinem wohl berühmtesten Künstler Wilhelm Busch, dessen 50 Arbeiten – nicht zuletzt dank des Deutschen Museums für Karikatur und Zeichenkunst – besonders gut dokumentiert sind[6] und der zwar medienwirksam, aber historischer inkorrekt, als Vater des Comicstrips bezeichnet wird.[7]
Bilderbogen indes haben weit mehr zu bieten. Die günstig hergestellten, teils handkolorierten Bögen aus billigem Papier, fanden sich in allen Regionen Deutschlands und wiesen (auch im Ausland) einen enormen Verbreitungsgrad auf: Allein die Region Neuruppin zählte etwa 22.000 verschiedene Motive mit einer Gesamtauflage von mehreren hundert Millionen Exemplaren, unter ihnen einige Bogen mit aktuellen Bezügen, die Auflagen von 200.000 (in Einzelfällen auch bis zu zwei Millionen)[8] Ausgaben erreichten und sogar außerhalb Deutschlands verkauft wurden.[9] In Anbetracht dieser Veröffentlichungsflut wundert auch die thematische Vielfalt des Mediums nicht: Ob Nachrichten, Märchen- und Literaturadaptionen, Lehrmittel oder auch Bastelanleitungen – das Medium gestaltet sich vielfältig. Doch nicht nur inhaltlich decken Bilderbogen eine erstaunliche Bandbreite ab, auch die künstlerische Ausarbeitung ist mannigfaltig. Vom formbegrenzten, schablonenhaften Neuruppiner Bilderbogen über Grandville-Plagiate bis hin zu den einzigartigen Bogen eines Wilhelm Buschs, dessen lockerer Strich aus der Masse heraussticht, hohen Wiedererkennungswert besitzt und allenfalls mit dem Ideenreichtum eines Lothar Meggendorfers verglichen werden kann, decken sie ein weites Spektrum an zeichnerischer, aber auch textlicher Qualität ab – man vergleiche etwa die naiven Zeichnungen der Neuruppiner Bilderbogen, die vor allem zur Werteindoktrination genutzt wurden, mit den Münchener Bilderbogen, deren Herausgeber sich der Verbreitung und Popularisierung von Kunst verpflichtet fühlten.[10]
Und so dienten die Bilderbogen teilweise auch der künstlerischen Volkserziehung, denn Kunst war in den tieferen sozialen Schichten des 19. Jahrhunderts kaum gegenwärtig, was vor allem an finanziellen Hindernissen lag: „Einen farbigen Öldruck, gar gerahmt, konnten sich die wenigsten […] leisten. Aber noch die Ärmsten konnten eine Illustration […] oder eine Bildpostkarte an die Wand heften.“[11] Folglich gehören Bilderbogen auch teilweise zu den ersten Versuchen einer Loslösung der ästhetischen Erfahrung aus der Zugehörigkeit zu einer höheren sozialen Schicht, wie sie Eco beschreibt.[12]
2. Forschungsstand und ‑problematik
Claudia Held legt in ihrer Dissertation Familienglück auf Bilderbogen. Die bürgerliche Familie des 19. Jahrhunderts im Spiegel der Neuruppiner Druckgraphik (1992) die Geschichte und damit einhergehende Problematik der Bilderbogenforschung dar und zeigt, dass die Forschungslage äußerst defizitär ausfällt. Als Initialforschung benennt sie den Aufsatz Die Bilderbogenliteratur des deutschen Volkes (1836) von Carl Rosenkranz; in den 1920er bis 1940er Jahren folgen diverse Publikationen wie z. B. Hans Naumanns Primitive Gemeinschaftskultur (1921) und Grundzüge der deutschen Volkskunde (1922). Naumann vertritt die These einer kreativen, von der sozialen Schicht abhängigen, kulturellen Einbahnstraße. Eine kreative Oberschicht stehe demnach einer primitiven, also nicht kreativen Unterschicht gegenüber; Kultur würde sich nun von der Oberschicht zur passiv-rezipierenden Unterschicht verteilen. Diese These wird von Wilhelm Fraenger widersprochen, denn er weist nach, dass sich Kulturgüter zwar in der Unterschicht wiederfinden, diese aber stark verändert sind und mit neuen Inhalten einen neuen Rezipientenkreis ansprechen.[13]
Ebenfalls erwähnenswert ist der Forschungsansatz von Henry Gawlick, der sich der Sichtung und Auswertung sogenannter Truhenbilder in Mecklenburg und Vorpommern widmet, Bilderbogen, die ihre Besitzer in Truhen klebten. Eine Truhe war das Möbelstück, das Mägde, Knechte etc. immer bei sich führten und die einzige Konstante im Leben darstellte. Was in sie geklebt wurde, schien dem Besitzer wichtig gewesen zu sein. Somit liefert die Erforschung dieses transportablen Möbelstücks Hinweise auf die Bedeutung des Bogens für die Masse. Probleme dieses Forschungsbereichs ergeben sich jedoch in quantitativer Form, denn obwohl Bilderbogen in hohen Stückzahlen erhalten sind, finden sich im erforschten Raum nur wenige erhaltene Truhen und so verweist auch Gawlick darauf, dass
die bisher bekannten mecklenburgischen wie auch vorpommerschen Truhenbildern nicht aus[reichen], um einigermaßen sichere Angaben darüber zu machen, welche Motive (z. B. religiöse oder weltliche) zu welchem Zeitpunkt bevorzugt in die Truhen geklebt wurden.[14]
Es zeigt sich also, dass die Erforschung der Bilderbogen und ihrer Motive äußerst mangelhaft ausfällt.
Christliche und volkstümliche Stoffe sind vornehmlich Gegenstand der Analysen,[15] wie sie bei Christa Pieske (1967), Wolfgang Brückner (1979) oder auch jüngst Erdmute Nieke (2008) zu finden sind.[16] Ausnahme bilden einige Kataloge wie Gertraud Zaepernicks Neuruppiner Bilderbogen der Firma Gustav Kühn (1971), Pieskes Bilder für Jedermann (1988) oder auch (eingeschränkt) Theodor Kohlmanns (et. al.) Die große Welt in kleinen Bildern – Berliner Bilderbogen aus zwei Jahrhunderten (1999), die den Versuch einer differenzierten Ordnung unternehmen und der Frage nach der Stellung des Motivs in der Massenkunst nachgehen. Held selbst widmet sich dem Familienideal sowie der Wechselwirkung zwischen Bogen und Rezipienten,[17] weitere Forschungen beziehen sich meist auf die Wirkung von Bilderbogen auf Kinder. Ob Kinder aber tatsächlich zu jedem Zeitpunkt gleichermaßen primäre Adressaten der Bilderbogen waren oder sich diesbezüglich lediglich die Wahrnehmung verschob (wofür u. a. die vor allem an Erwachsene gerichteten Arbeiten Wilhelm Buschs und der Verlagskatalog von Braun & Schneider im Allgemeinen sprechen, der nur selten exklusive Kinderbogen verzeichnet). Nicht zuletzt zeigt Eckart Sackmann, dass sich der Fokus im 19. Jahrhundert vom Erwachsenen hin zum Kind verschob.[18]
Neue, die Bilderbogenforschung bereichernde Impulse liefert die Comicforschung; insbesondere das Jahrbuch Deutsche Comicforschung, herausgegeben von Eckart Sackmann, muss hervorgehoben werden. Regelmäßige Beiträge erschienen ab 2005, in ihnen wird z. B. der Frage nach dem Übergang vom Bilderbogen zum Comic (amerikanischer) Prägung nachgegangen. Das 19. Jahrhundert – vom Bilderbogen zur Comic Section (2013) von Eckart Sackmann beschreibt den Wandel zwischen den im Titel genannten Bilderbogen hin zur Comic Section, widerlegt vor allem immer wieder zitierte wissenschaftliche Mythen der Comicforschung, zeichnet den Gebrauch des Bildes im Alltag, auch im Bezug auf Kinder, nach. Die Verbreitung von Bildern, so Sackmann, befand sich in Wechselwirkung zum Wohlstand; in Kinderbüchern waren Bilder nicht gebräuchlich. Erst später wurden Bilderbogen (wie jene von Wilhelm Busch) als Kinderunterhaltung umgedeutet, oder, im Falle einiger Klassiker (Lederstrumpf, Robinson Crusoe) von den Verlagen, unter Berücksichtigung neuer Absatzmärkte, umgeschrieben.[19] Sackmann weist darüber hinaus auf eine klaffende Lücke in der Forschung hin: Weder formale, mediale, technische oder gesellschaftspolitische Fragen wurden erforscht – es gäbe kein Bewusstsein ob der Relevanz dieser Fragen.[20] In Propaganda im 1. Weltkrieg: Lustige Blätter in ‚ernster Zeit‘ (Sackmann, 2014), Bunte Kriegsbilderbogen (Sackmann, 2008) und ‚Bunte Kriegsbilderbogen‘ – zum zweiten (Andreas Teltow, 2014) widmen sich die Autoren den Kriegsbilderbogen der Zeit des Ersten Weltkriegs. Sackmann (2014) zeigt auf, wie einst kritische Publikationen und Verlage Teil der unkritischen Propagandamaschine wurden.[21] Bereits 2008 musste er feststellen, dass viele Verlage auch deshalb unkritische, von Patriotismus geprägte Bilderbogen veröffentlichten, weil die Freude der Bevölkerung am Krieg die Auflagen selbst kleinerer Zeitungen in die Höhe trieb.[22] Teltow setzt bei den Forschungen Sackmanns (2008) an, betrachtet noch einmal den Berliner Verlag Troitzsch und die dort erschienenen Kriegsbilderbogen (52 Bunte Kriegsbilderbogen, 13 Lustige Kriegsbilderbogen) aus der Zeit des Ersten Weltkriegs im Detail, die im krassen Gegensatz zum sonstigen Verlagsprogramm standen, das sich sonst der Kunstreproduktion widmete. Die Kriegsbilderbogen hingegen sind voll von Spott auf Kriegsgegner, eigene Heerführer werden gehuldigt und Schlachten verharmlosend glorifiziert. Darüber hinaus listet Teltow alle dreizehn Lustige Kriegsbilderbogen auf und benennt ihre Zeichner.[23] Weiterhin erscheinen Aufsätze zu relevanten Zeichnern wie Johann Bahr (Sackmann 2006) oder Carl August Reinhardt (Dolle-Weinkauff 2006). Es zeigt sich, dass die Comicforschung derzeit aktiv forscht, jedoch nur in kleinen Schritten voranschreitet. So besteht neben dem Jahrbuch der Deutschen Comicforschung auch die Gesellschaft für Comicforschung, jedoch ist der Fokus hier weitaus breiter aufgestellt und konzentriert sich nicht nur auf die Aufarbeitung nationaler Fundstücke, was z. B. deutlich wird, wenn man die aktuelle Publikationsliste der Gesellschaft betrachtet.[24] Lediglich Dietrich Grünewald verfasste 2016 einen ausführlichen Lexikonartikel für Kinder- und Jugendliteratur. Ein Lexikon, der über die Geschichte des Mediums, Herstellungsverfahren, Motivik, Inhalte, Einordnung der Gestaltungsqualität informiert und einen Ausblick zum Bilderbogen als historisches Medium gewährt.[25]
Auch abseits der Comicforschung sieht die Situation eher trist aus: Abgesehen von einigen Ausstellungskatalogen findet sich wenig aktuelles Material. Zu den erwähnenswerten Publikationen zählt vor allem das Brüder Grimm-Journal (Neuntes Heft) aus dem Sommer 2017, welches sich mit diversen Bilderbogenbearbeitungen der Märchen befasst und so verschiedene Bereiche wie Papiertheater und Märchenadaptionen nach Grimm widmet.[26]
Sackmann sieht die defizitäre Forschungslage in der Vielfältigkeit des Mediums und dem Misstrauen einiger Forscher trivialer Literatur gegenüber begründet. Ob in der Kommunikations- und Medienwissenschaft, der Kinder- und Jugendbuchforschung oder der Volkskunde: Erforscht wird die ‚wertvolle‘ Literatur. Folglich fehlen teils grundlegende Ergebnisse zu formalen, medialen, technischen und gesellschaftspolitischen Fragen.[27] Eine Einschätzung, die in der Vergangenheit sicher zutraf, sich in den letzten Jahren aber zu ändern begann, da viele Themen inzwischen überforscht sind und man sich neuen, übersehenen Forschungsgegenständen zuwendet. Dennoch stimmt die Aussage im Kern; Gründe für die Forschungslücken können aber auch in der Disziplinenabgrenzung fußen, worauf z. B. Karl Clausberg in Metamorphosen am laufenden Band: Ein kurzgefaßter Problemabriß der Sprechblasenentwicklung hinweist.[28] Bereits die Erforschung von Sprechblasen bereitet Probleme: Als Wandler zwischen den Welten, der Kunstwissenschaft und der Germanistik, fühlt sich auch in diesem Bereich kaum eine Disziplin für ihre Erforschung zuständig. Auch Michel Butor beobachtet ähnliches Vorgänge: Es sei eine Trennwand zwischen Literatur und bildender Kunst errichtet worden[29] und Leonore Koschnick berichtet vom Interesse der Germanisten am gedruckten Text – weniger aber am Bild selbst.[30] Und so fristet die Comicforschung ein Dasein zwischen den Disziplinen. Unter Berücksichtigung der Geschichte Deutschlands ist es zudem nicht abwegig, von ideologischer Voreingenommenheit einiger Arbeiten zu sprechen. Sie geht auf eine Dichotomisierung von hoher und niederer Literatur zurück, die während der Kaiserzeit im Schmutz- und Schundkampf gipfeln sollte. Als Schund galt – oft unabhängig vom Inhalt – preiswerte Literatur.[31] Schundhefte, Bilderbogen etc. dürfen als eines der ersten Phänomene der aufkommenden Massenkultur gesehen werden, die besonders bei Volkslehrern, Bibliothekaren und (in der Zwischenkriegszeit) kaisertreuen Bürgern auf Ablehnung stieß.[32] Es darf also festgehalten werden, dass die Erforschung der Bilderbogen – mit Ausnahme einiger weniger Einzelthemen – spärlich vorgenommen wurde und sie sich überdies zumeist auf die Neuruppiner Bilderbogen Gustav Kühns bezieht.
Entstehung der Massenkultur
Um die Ablehnung der sogenannten Kulturelite zu verstehen, wird kurz die Geschichte der Massenkultur dargelegt. Bis zum frühen 18. Jahrhundert unterlagen Statussymbole strengen Reglements. Ob Kleidung oder Schmuck: die äußere Erscheinung eines Menschen war gesetzlich geregelt und zeigt auf den ersten Blick, welche Person einem entgegentrat.[33] Eine Wahlfreiheit war folglich nur innerhalb enger Grenzen gegeben. Ähnlich reguliert zeigte sich die Kultur. Zwar bestand eine theoretische Wahlfreiheit, die jedoch an den vorherrschenden gesellschaftlichen Strukturen scheiterte, denn den unteren Schichten war es finanziell und zeitlich nicht möglich, am kulturellen Leben teilzuhaben, geschweige denn, selbst Kunst zu schaffen. Arbeit bestimmte das Leben des größten Teils der Gesellschaft:
Über weite Strecken der neueren Geschichte (das heißt, im Zeitalter gewaltiger Industrieanlagen und riesiger Wehrpflichtigenarmeen) ‚rief‘ die Gesellschaft den größten Teil ihrer männlichen Mitglieder primär als Produzenten und Soldaten ‚an‘ und fast die gesamte andere (weibliche) Hälfte in erster Linie als deren Zulieferer von Dienstleistungen. Folglich waren Gehorsam und Regelkonformität, das Sich-Abfinden mit der zugewiesenen Position und die Akzeptanz derselben als unanfechtbar, das Ertragen fortwährender Plackerei und das fügsame Unterwerfen unter monotone Routinen, die Bereitschaft, die Befriedigung von Bedürfnissen zu verschieben und die resignierte Akzeptanz des Arbeitsethos […] die wichtigsten Verhaltensmuster, die diesen Mitgliedern eifrig gelehrt und eingebläut wurden und die sie lernen und internalisieren sollten. Was am meisten zählte, war der Körper des zukünftigen Arbeiters oder Soldaten; ihr Geist dagegen musste zum Schweigen gebracht werden […].[34]
Erst als Reformen und Gesetze Arbeitszeiten regulierten, sich die Konsumkultur entwickelte, wurden Freiräume geschaffen, die Möglichkeiten zur Erholung und zum Konsum boten.[35] Es war den schlechter gestellten Menschen plötzlich (theoretisch) möglich, jedwedes Statussymbol selbst zu erwerben, sich mit Dingen zu umgeben, die zuvor nur einem kleinen Teil der Bevölkerung rechtlich zustanden.[36] Statussymbole waren wertlos geworden, hatten ihre Aussagekraft eingebüßt.[37] Um sich dennoch von der Masse abzusetzen, blieben nur noch die Kultur und ihre Erzeugnisse wie Musik, Literatur und Kunst, die man umso stärker verteidigte. Die daraus folgende Dichotomisierung[38] zwischen ‚guter‘ und ‚schlechter‘ Kunst sollte weitreichende Folgen für Kulturrezeption nach sich ziehen, denn noch heute sehen sich Produzenten der Massenkultur einem stetigen Rechtfertigungsdruck ausgesetzt.[39] Kultur richtete sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts am Bürgertum aus, repräsentierte Werte und Normen eines kleinen Teils der Bevölkerung[40] und wurde von der wohlhabenden Schicht aus zuvor genannten Gründen nun umso deutlicher herausgestellt. Man verwendete sie, um die eigene Führungsrolle, die Individualität und Überlegenheit in der Gesellschaft zu unterstreichen und sich selbst zu inszenieren.[41] Während wohlhabendere Menschen in die Oper gingen, Theater besuchten oder in Leder gebundene Bücher lasen, fand die Unterhaltung der Masse – wie es z. B. Karl May in seiner Autobiografie Mein Leben und Streben beschreibt –[42] in Schankwirtschaften und ähnlichen Etablissements statt, denen mehrere Funktionen zukamen. Hier wurde getrunken, gesungen, getanzt; sie diente auch als einfache Bibliothek für das Volk.[43] Die Grundbedürfnisse der Klassen lagen jedoch näher beieinander, als die Selbstinszenierung der Bessergestellten vermuten lässt und exemplarisch an Bühnenproduktionen verdeutlicht werden soll:
Adeliger und Handwerksgeselle, Kaufmannsgattin und Dienstmädchen genossen Kunst gerade in Verbindung mit weiteren Tätigkeiten: Essen und Trinken, Flirten und Gespräch. Sie Schätzten aufwendige Ausstattungen und verblüffende Bühneneffekte, stimmliche und körperliche Spitzenleistungen, die mehrfache Wiederholung besonders ‚schöner Stellen‘, spannende Handlung und starke Gefühle.[44]
Es gab folglich einen Hang zur Trivialität, der schichtenunabhängig war und von dem es galt, sich zu distanzieren:
Die idealistische Ästhetik und die von ihr geleitete Aufführungspraxis lehnten derartige Vorlieben und entsprechende Eigenschaften der Werke ab: ‚stoffliche Interessen, grob-sinnliche Reize, äußerliche Effekte, Buhlen um die Publikumsgunst‘ lauteten die Verdammungsurteile. Was breiteren Widerhall fand, galt von vornherein als zweifelhaft. Kant hatte ‚oberes‘ und ‚niederes Begehrungsvermögen‘ unterschieden. Wer als kultiviert anerkannt sein wollte, der mußte sich nach 1850 zu diesem Gegensatz bekennen. Bis dahin stand Unterhaltung nur im Verdacht, von Arbeit, Lernen und Gebet abzuhalten; nun wurde sie auch als Feind wahrer Kunst gebrandmarkt und ästhetisch exkommuniziert.[45]
Es zeigt sich: Was sich nicht einem bestimmten ästhetischen Diktat unterwarf, wurde abqualifiziert und stand im Verdacht, minderwertig zu sein.[46] Ablehnung der Masse und Anerkennung einer Minderheit stellten zwar kein Qualitätsurteil dar, ließen aber erst zu, dass man betreffende Werke in ‚besseren Kreisen‘ rezipierte. Maase verweist darauf, dass es sich dabei jedoch um reine Lippenbekenntnisse handelte. Mit dem Aufkommen der Konsumkultur bildete sich (bzw. wuchs) eine weitere Schicht: das Wirtschaftsbürgertum bzw. die Mittelschicht. Auch hier versuchte man sich abzusetzen und griff auf Symboliken der Hochkultur zurück. Der Umgang mit der Kunst richtete sich nicht am Werk selbst, sondern am Umgang mit ihm aus und bestimmt ihn bis heute.[47] Diese Beobachtungen lassen sich auf nahezu alle anderen künstlerische Ausdrucksformen übertragen. Die ablehnende Haltung dieser selbsternannten Kulturelite lässt den Schluss zu, dass Massenkultur scheinbar die Vormachtstellung der selbigen angriff, denn um die Romane eines Christian August Vulpius oder Karl Mays[48] (zwei der einflussreichsten Trivialliteraten des 18. bzw. 19. Jahrhunderts) zu verstehen, bedurfte es keiner Bildung, die über die einfache Lesefähigkeit hinausging. Sie richteten sich darüber hinaus auch an eine bisher belächelte Leserschaft: Hausfrauen, Mägde, Kinder und Arbeiter. Aber sie setzt sich auch über Klassenunterschiede hinweg. Erstmals lasen auch Gattinnen wohlhabender und besser gestellter Männer die Bücher ihrer Angestellten, wie z. B. Rinaldo Rinaldini.[49]
Maase weist in diesem Kontext auf die zweite Leserevolution hin. Sie sorgte dafür, dass die Zahl der lesefähigen Menschen stark anstieg und sich mit der neuen Rezipientenschicht auch der Leseantrieb wandelte: „das neue Lesepublikum liest zunehmend nicht mehr zur Erbauung und Belehrung – gefragt sind vielmehr vor allem Romane, die der Unterhaltung und dem Zeitvertreib dienen.“[50] Anstatt nur die Fähigkeit zum Buchstabieren zu besitzen, war man nun fähig, Literatur und diverse Publikationen zu rezipieren, griff aber zu ‚leichter‘ Unterhaltung: „Nach zeitgenössischer Schätzung benötigte die deutsche Presse um 1900 20.000 Fortsetzungsromane jährlich!“[51] Diese ‚Kulturrevolution‘ sollte weitreichende Folgen haben. Die Masse der Bevölkerung kam nun mit Kultur in Berührung und „es galt, den geistigen und ästhetischen Konsum der Vielen den herrschenden Vorstellungen von Kunst und ihrer Rolle im Leben, von gehobener Kultiviertheit und gesunder Volkskultur einzupassen.“[52]
Kampf gegen ‚minderwertige‘ Kunst
Folge des Kulturmonopolverlusts war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Schmutz und Schundkampf, der bis weit ins 20. Jahrhundert nachwirken sollte. Nachdem sich Trivialliteratur und triviale Kunst immer weiter verbreitete, bildeten sich schnell zwei Gruppierungen, die den Diskurs bis heute bestimmen: Die Kulturwächter, von Eco Apokalyptiker genannt, und die Integrierten, Fürsprecher der Massenkultur. Während letztere zu den Profiteuren der Massenkultur gehörten, sie verbreiteten bzw. produzierten, sahen erstere einem ‚Untergang‘ ihrer Kultur entgegen. Und so verwundert es, dass es den Apokalyptikern keineswegs um die Vernichtung der Massenkultur ging. Ihr Ziel bestand vielmehr darin, ‚ihre‘ Kunst zu verbreiten: „Hauptziel war die Verbreitung ‚wahrer Kunst‘ und gesunder Geistesnahrung. Es ging vorrangig um ästhetische Volkserziehung, nicht um Verhindern, Vernichten, Bestrafen.“[53] Man versuchte folglich, umzuerziehen, notfalls auch über mehrere Generationen hinweg:
[D]as Kitscherlebnis [ist] für ein gewisses Entwicklungsstadium des geistigen Lebens unersetzliche[r] Nährstoff[] […]. Es kann sich folglich für den Volksbildner nicht darum handeln, dieses Erlebnis grundsätzlich verhindern zu wollen – es läßt sich, eben als Entwicklungsstadium, auch nicht einfach überspringen – vielmehr handelt es sich für ihn darum, es möglichst fruchtbar zu machen im Sinne einer ästhetischen Höherführung. Zuweilen wird es nicht möglich sein, das Ziel in einer Generation zu erreichen, sondern der Vater wird Kitschleser (und Bildungsphilister) bleiben, während der Sohn zu voller künstlerischer Bildung vordringt und zwar gerade weil der Vater immerhin schon – auf seine Art – dichterische Werte zu pflegen, sein Bedürfnis nach künstlerischer Erbauung durch Lektüre zu befriedigen versucht hat.[54]
Den unzähligen Romanen und Heftserien der Massenkultur stellte man Alternativangebote zur Seite, die zur Hochkultur verleiten sollten und man versuchte durch geschickte Manipulation, den Käufer zu täuschen. Ein Mittel der Täuschung war das Imitat: man produzierte Groschenhefte, um Romane des Kanons als Fortsetzungsserie zu verbreiten.[55][56] Die Angebotsvielfalt wurde erhöht, während man in Schulen (Hauptträger der Anti-Schund-Bewegung waren Volksschullehrer)[57], Kirchen etc. den Versuch unternahm, den Geschmack zu formen. Problematisch an diesem Vorgehen, so Maase, war die ästhetische und moralische Willkür der Auswahl: „Hauptsächlich wurde als Schund etikettiert, was dem jeweiligen Kritiker missfiel: aus politischen und ideologischen Gründen, weil es auf Zeitungspapier mit knalligem Umschlagbild daherkam, weil es im falschen Verlag erschien, weil es von Spannung und Emotionen lebte, weil es Frauen rührte oder weil es Jungen vom Kriegsspielen abhielt.“[58] Schon bald ging man bei der Umerziehung radikaler vor. Wer sich trotz der Einflussnahme immer noch von der Trivialliteratur angezogen fühlte, musste selbst aktiv am Kampf teilhaben:
In dieser Situation empfahl Will, die Kinder selber ‚zum Angriff gegen den Schund‘ zu führen. Stolz berichtete er, wie er seine Zehnjährigen dafür gewann, Hefte zu sammeln mit dem krönenden Ziel, einer Verbrennungsaktion. Folgt man seiner Darstellung, dann waren die Jungen von der Idee der Schundjagd begeistert, ‚durchsuchten Kommoden und Schränke‘. Nachdem sie die eigenen Hefte abgeliefert hatten, ‚mussten sie nach neuer Beute ausschauen.‘ Geschwister und Freunde wurden bearbeitet.[59]
Wie Maase selbst anmerkt, gestaltet sich dieses Vorgehen in zweierlei Hinsicht problematisch: Schüler suchen überall nach Heften, um sie zu verbrennen und Erzieher suchen nach neuen Methoden, um das ideologische Einwirken zu verstärken.[60] Die Einflussnahme radikalisierte, Scheitern war nicht vorgesehen. Dass man als Gegner der Trivialliteratur plötzlich mit genau den Mitteln arbeitet, die man im Kontext der Kunst als Effekt bezeichnet – etwas, das man also ablehnt – verleiht der Verbrennungsaktion eine durchaus ironische Note und betont die Willkür im Umgang mit dem vermeintlichen Schund.
Bevor es jedoch zu Verbrennungsaktionen kommen konnte, versuchte man mit diversen Mitteln, das Lesen von Trivialliteratur zu unterbinden. Anstatt nur argumentativ vorzugehen ging man dazu über, Schüler bzw. ihre Schulsachen zu durchsuchen und sie gegebenenfalls zu bestrafen. Auch der Einzelhandel wurde von den Aktivisten überwacht. Wer dennoch Trivialliteratur verkaufte, musste u. U. auf manchen Großkunden (Schule, Behörden) verzichten, Lehrer wurden dazu aufgefordert, entsprechende Geschäfte zu meiden und auch Eltern bezog man in die Erziehungsmethoden mit ein: Elternabende nutzte man z. B., um Aufklärungsarbeit zu leisten. Erstaunlicherweise war dieses Vorgehen von Erfolg gekrönt: Maase verweist explizit darauf, dass Arbeitereltern keineswegs folgsam waren und sich durchaus gegen Lehrer und Bestrafungen zur Wehr setzten. Was allerdings Trivialliteratur betraf, arbeitete man ihnen aktiv zu.[61]
Warum aber waren es ausgerechnet Kinder, auf die in so hohem Maße eingewirkt wurde? Es scheint sich hier um ein Generationsproblem zu handeln. Wie schon Bauman verdeutlichte, entstanden mit der Umwälzung der alten gesellschaftlichen Verhältnisse Freiräume, die gefüllt werden mussten und ein Phänomen wie die Massenkunst überhaupt erst ermöglichte. Die gesellschaftlichen Schichten unterteilten sich also erneut: Während Eltern noch alte Muster lebten, kannten viele Kinder diese bereits nicht mehr. Freizeit war für sie kein neues Konzept und sie füllten diese, ohne Vorurteile gegenüber neuen Medien zu hegen, für sie war die Trennung der Schichten nicht mehr von besonderer Relevanz. Sie traten selbstbewusst auf.[62] Hinzu kam ein Misstrauen der Lehrer den Schülern gegenüber, denn es waren nicht mehr sie allein, die kontrollierten, welches Wissen sich ihre Zöglinge anlasen.[63] Besonders deutlich wird die Ablehnung dem trivialen gegenüber an den Reaktionen auf ein anderes Medium, das im 20. Jahrhundert die Massen begeisterte: Das Kino. Hier traf man auf bewegte Bilder – die allerdings keineswegs neu waren, so gab es die Laterna Magica bereits seit dem 17. Jahrhundert, im 19. Jahrhundert sorgten Erfindungen wie das Zoetrop oder das Praxinoskop für Aufsehen – der Unterschied zum Kinofilm bestand jedoch darin, dass zuvor lediglich kurze Animationen oder aneinandergereihte Fotografien gezeigt werden konnten, während ein Film über einen längeren Zeitraum hinweg unterhielt:
Nicht der Film war so gefährlich, sondern der ‚kientopp‘ – die Aneignung der Massenkunst durch ein zu Rohheit, Gesetzlosigkeit, Triebhaftigkeit, Sozialneid oder gar Klassenhass neigendes Publikum. […] Das Sozialproblem Kientopp gründete wesentlich in der Wahrnehmung, dass die begeistertsten Nutzer des neuen Mediums halbwüchsig und proletarisch waren. Gerade im Blick auf Kinder und Jugendliche galt das Kino unabhängig vom Film als Gefahr. Im Kino entzogen sich Heranwachsende der Kontrolle Erwachsener, nicht nur der von Eltern und Schule, sondern auch der von Polizisten und ‚informellen Ortswächtern‘ auf der Straße.[64]
Im Kino waren die Rezipienten der Massenkultur demnach auf sich allein gestellt, ohne staatliche Aufsicht, ohne Kontrolle, dazu in fast völliger Dunkelheit. Besonders hervorzuheben sei die unbeaufsichtigte Rezeption medialer Inhalte (obwohl auch, im Bezug auf das Kino, die Dunkelheit selbst eine Rolle spielt, denn niemand konnte genau wissen, wozu diese genutzt wurde). Während das Lesen von Heften und Büchern einige Zeit in Anspruch nahm, es also vorkommen konnte, dass man den Leser während des Leseprozesses von der Minderwertigkeit des Produkts überzeugen konnte, der Lesevorgang bestenfalls zu Gunsten eines ‚guten‘ Buchs abgebrochen wurde, war diese Einwirkung im Kino nicht möglich. Eine abgeschlossene Geschichte wurde in kurzer Zeit erzählt und konnte ohne weiteres den Rezipienten (negativ) beeinflussen, sein Gespür für die sogenannte hohe Kunst schädigen. Ähnliche Wirkung findet man sonst nur bei Liedern, Theateraufführungen und Einblattdrucken / Comics und so waren es bald wieder ästhetische Kriterien, die man zum Maßstab der Bewertung einer Kunstform heranzog,[65] diesmal wurden diese Kriterien jedoch von Pädagogen bestimmt. Was gegen ihre Anliegen verstieß, wurde verboten. Schon bald ging es weniger um Inhalte als um Aufmachungen: „Als Schundindiz galt […] billiges Papier, schlechter Druck und vor allem Titelbilder mit aktionsgeladenen Szenen in kräftigen Farben.“[66]
Ganz ähnliche Vorurteile wie gegen unliebsame Bücher und Filme wurden im 20. Jahrhundert über Comics gefällt und führten zu einem ähnlich erbitterten Kampf gegen das schädigende Medium. Nachdem die ersten amerikanischen Comics bereits in den 1930er Jahren ihren Weg nach Deutschland fanden,[67] Prinz Eisenherz unter dem Namen Prinz Waldemar sogar während der NS-Zeit kurzeitige Verbreitung erfuhr[68] und der Comic nach Kriegsende mit den Alliierten endgültig Einzug in deutsche Kinderzimmer fand, entbrannte ein erneuter und ebenso unerbittlich geführter Schmutz- und Schundkampf gegen das vermeintlich neue Medium – dieses Mal aber im Einklang mit besorgten Pädagogen, Eltern und Wissenschaftler aus Übersee. Während man in der Wochenzeitschrift DER SPIEGEL von „geistige[m] Kaugummi“[69] sprach und man sich auf amerikanische Wissenschaftler – insbesondere den deutschen Auswanderer Frederic Wertham –[70] berief, die herausgefunden haben wollten, dass Comics das Volk verdummen und Leser in die Abhängigkeit führen würden,[71] sprach man in Der Katholische Erzieher vom Giftstrom der Comic-Books.[72]
Publikationen jener Art gab es reichlich, die wissenschaftlichen Methoden hingegen waren zweifelhaft. B. Brinkman etwa, der Verfasser von Giftstrom der Comic-Books, untersuchte für seinen Artikel lediglich fünf Hefte, die er zuvor bei einem „schwachbegabten“ konfiszierte[73] und selbst Alfred Clemens Baumgärtner, der in Die Welt der Comics. Probleme einer primitiven Literaturform seine (damalige) Ablehnung des Mediums nicht verschwieg (ihm aber den literarischen Wert, wenn er auch primitiv sein mag, bereits im Titel zugesteht), kam nicht umhin, anzumerken, dass „zwischen Intelligenzgrad der Kinder und ihrer Comics-Lektüre kein Zusammenhang besteht“ und man „in der recht ungleichwertigen Literatur, die sich mit den Comics und ihrem Einfluß auf die Jugendlichen befaßt […] ziemlich oft auf Behauptungen [stößt], die dann nur unzureichend oder gar nicht belegt werden.“[74] 1973 wies er zudem darauf hin, „daß nahezu alle der postulierten negativen Auswirkungen der Comics-Lektüre sich bei exakten Untersuchungen nicht haben belegen lassen.“[75]
Dennoch erwähnt auch Baumgärtner mehrfach die schädliche Wirkung von Comics. Bettina Hürlimann beobachtete Kinder, die nach einer einzig auf Micky-Maus-Hefte fixierten Lektüre zu Weihnachten unfähig waren, sich auf ein Buch zu konzentrieren, da diese geistige Anstrengung voraussetzen würden.[76] „Unter diesen Umständen“, so Baumgärtner, „scheint man auf einmal der alten Schundliteratur geradezu nachtrauern zu wollen, denn dabei hatte es sich ja wenigstens noch um Bücher gehandelt.“[77] Und er verweist auf Heiner Schmidt demzufolge Comics „ihrem Wesen nach den Weg zum Buch [verstopfen], sie entwurzeln das Wort und verwässern mit der lauwarmen Flut ihrer kraftlosen Bilder die geistige Bildkraft unserer Kinder.“[78]
Die Reaktionen blieben aber – wie auch zu Zeiten des Schmutz- und Schundkampfes – nicht nur bei intellektuellen Abhandlungen. Man begann einen Prozess der Umerziehung: Lehrer konfiszierten Comics ihrer Schüler;[79] es folgte das bereits bekannte Prozedere von Indizierung und öffentlichen Scheiterhaufenverbrennungen inklusive „Kanonenschlägen und Trompetengeschmetter“.[80] Auch Baumgärtner entgeht nicht die Parallele zu ähnlichen Veranstaltungen aus Zeiten des Dritten Reichs, die er als „peinlich“[81] wertete – und Umtauschaktionen, deren Wirkung sich allerdings als kontraproduktiv herausstellte:
Die 19 000 Hefte sind innerhalb von 12 Tagen gegen Gutscheine im Werte eines Drittels des Anschaffungspreises der abgelieferten Schriften zusammengekommen. Die ganze Aktion hat, einschließlich der Honorierung von Vorträgen usf., gegen 3200,– DM gekostet. In einer größeren Stadt sind bei einer ähnlichen Veranstaltung etwa 21 000 Hefte, darunter 85 % Comic-Books, eingesammelt worden […]. In der Tat können die Kritiker der Umtauschaktionen einige ernstzunehmende Gründe für ihre Einstellung anführen. Da ist zunächst die Gefahr der Verallgemeinerung, daß nämlich im Eifer des Tauschens Heft gleich Heft gilt. Kurt-Werner Hesse hat dazu geschrieben: ‚Von mehreren Veranstaltern dieser Umtauschaktionen erbaten wir uns eine Auswahl der abgegebenen Hefte. In mehreren dieser Sendungen fanden wir neben Schmökern übelster Art auch Contra-Hefte, Lesehefte von Bertelsmann, der Deutsche Jugendbücherei, der Bayerischen Verlagsanstalt usw. Hier zeigen sich ganz deutlich die Auswirkungen solcher Verallgemeinerungen!‘[82]
Neben dem Eintauschen von ungewollter Literatur kam es aber auch zu Vorfällen, bei denen die vermeintlichen Schundhefte zuvor noch getauscht und erst an den folgenden Tagen tatsächlich übergeben wurden,[83] man ungewollte zur Verbreitung der Hefte beitrug und ihren Wert durch die Umtauschs- und Vernichtungsaktionen zudem erhöhte.
Baumgärtner beobachtete weiterhin eine Abschwächung der Ablehnung gegenüber Comicheften nach den 1950er Jahren:
In der einschlägigen Literatur ist es stiller geworden. Bei einer Durchsicht der Veröffentlichungen zu unserem Thema zeigt sich, daß der Höhepunkt der Auseinandersetzung mit den Comics ebenfalls vor rund 10 Jahren anzusetzen ist. Man darf wohl, namentlich wenn man die pädagogischen Fachzeitschriften betrachtet, sagen, daß die Comics damals den erregendsten Gegenstand aus dem Umkreis der Erziehung darstellten. […] Gegen Ende der fünfziger Jahre ließ dann das Interesse spürbar nach, und heute beschäftigt sich kaum noch eine Publikation mit den Bildergeschichten.[84]
Seine Beobachtungen lassen sich exemplarisch an den publizierten Artikeln in DER SPIEGEL verdeutlichen. Warnte man in den 1950er Jahren noch eindringlich vor Comics und ihren Auswirkungen auf den Rezipienten,[85] änderte sich die Bewertung ab den 1960er Jahren langsam:
Sachlich wird über den damaligen (internationalen) Stand der Comicforschung informiert, Wilhelm Busch und Rodolphe Töpffer als Urväter benannt. Man zitiert Umberto Eco, der darauf hinweist, dass der Comicstrip akzeptiert werden müsse, sollte auch nur ein einziger positiv gewertet werden. Erst 1968 wird die Redaktion des Spiegels Comics als ‚Objekt der Sozial- und Kunstgeschichte‘ werten; im selben Artikel werden die Theorien George Perrys vorgestellt, der den Comic bereits in Höhlenmalereien zu erkennen glaubt. […] Doch trotz der zunehmend positiven Berichterstattung bleibt immer eine ablehnende Grundhaltung übrig […].[86]
Besonders der Verweis auf Umberto Eco legt nahe,[87] wie sehr die Anerkennung eines Mediums an die Wertung desselben durch eine Autorität geknüpft zu sein scheint. Dennoch sollte es noch bis weit in die 1990er Jahre dauern, bis Comics zu Anerkennung fanden und auch heute noch begegnet man ihnen bisweilen mit Misstrauen.[88]
Sonderstellung des Bilderbogens
Der Bilderbogen scheint indes ebenfalls Opfer dieser Dichotomisierung zu sein und steht, ob seines Preises, seines Rezipientenkreises, seiner massenhaften Verbreitung, des billigen Papiers, auf dem er gedruckt wurde und seiner Verbindung von Text und Bild, auf einer Ebene mit Comics oder Kolportageromanen. Er befindet sich folglich nicht nur zwischen dem guten und dem minderwertigen Buch bzw. Kunstwerk, sondern gattungsspezifisch auch zwischen der hohen Literatur und dem künstlerisch wertvollen Bild auf der einen (z. B. Münchener Bilderbogen oder Deutsche Bilderbogen für Jung und Alt), sowie der Schundliteratur und dem minderwertige Bild (Verlagsunabhängig: Neuruppiner Bilderbogen) auf der anderen Seite.
Anders als Comics erfuhren Bilderbogen aber bereits im 20. Jahrhundert eine Aufwertung, denn sie galten gemeinhin als die ‚unrühmlichen‘ Nachfahren desselben.[89] Diese Einschätzung steht auch im Einklang mit den Vermutungen von Sackmann, Butor, Clausberg et. al.,[90] denen zufolge comicähnliche bzw. ‑relevante Fundstücke zwar durchaus bekannt waren, man denke an Kirchenfenster, Triptycha oder Flugblätter – und auch die Künstler des 18. und 19. Jahrhunderts bedienen sich ihrer Ausdrucksformen, etwa Rodolphe Töpffer,[91] Christian August Vulpius,[92] Friedrich Schiller,[93] Ludwig Emil Grimm,[94] sowie zahlreiche Künstler des Mittelalters oder der Antike –[95] jedoch ignorierte die Forschung sie weitestgehend, man übersah oder ordnete mit getrübt-nostalgischem Blick falsch zu. Diese Lücke scheint sich auch durch den Umstand zu verstärken, dass die Ästhetik der Bilderbogens gewissen Eigenheiten unterliegt.
Jedem Jahrhundert wohnt a priori eine typische Bildästhetik inne, die selbst der Laie grob zu bestimmen vermag, denn ob ein Bild der Antike, dem Mittelalter oder der Renaissance (sowohl Spätmittelalter als auch Frühe Neuzeit) entspringt, lässt sich leicht am Zeichenstil oder dem Trägermedium bestimmen, zumal Bilder weniger stark verbreitet waren, als in der heutigen Zeit. Anders als der Mensch vor dem 19. Jahrhundert, kann sich der Mensch des 20. und 21. Jahrhunderts ein Leben ohne Bilder nicht mehr vorstellen. Zu alltäglich sind sie geworden, Wohnung über und über mit Fotos, Grafiken und feinsten Drucken versehen. Selbst das Pin-Up-Girl im Spind des amerikanischen High-School-Schülers oder an der Wand des Erstsemesters gehört zu den Klischees unserer Zeit (und erinnert an die Truhenbilder Henry Gawlicks).[96] Mit der Erfindung des Internets nahm die Bilderflut noch weiter zu:
Wir leben im Zeitalter des Internets und sind alle Teilnehmer einer Nachrichten- und Bilderrevolution. Bilder sind in unserer Umwelt omnipräsent, im Internet sind Milliarden Bilder jederzeit verfügbar und nur einen Klick entfernt. Ohne Bilder lässt sich heutzutage kaum mehr ein Druckwerk verkaufen, nicht einmal eine Tageszeitung. Ganz im Gegenteil: Das Bild verkauft die Zeitung.[97]
Wie bereits angedeutet, war dem nicht immer so. Vor dem 19. Jahrhundert waren Bilder keineswegs allgegenwärtig. Der Erwerb von Grafiken / Bildern war wohlhabenden Menschen vorbehalten.[98] Erst im 19. Jahrhundert zogen Bilder in den Alltag ein, was vor allem an der Möglichkeit der massenhaften Vervielfältigung lag, die für Teilhabe des Durchschnittsmenschen am privaten Kunstgenuss sorgte. Und so darf das 19. Jahrhundert als das Jahrhundert bezeichnet werden, in dem die Druckgrafik erstmals dominierte, ehe sie sich im 20. Jahrhundert ihren Platz mit der Fotografie teilen musste um dann im 21. Jahrhundert von der (digitalen) Fotografie endgültig verdrängt zu werden. Rose Eveleth nennt Zahlen, die diesen Eindruck stützen. Es sind 657 Billionen Fotos, die pro Jahr ins Internet geladen werden (Stand 2014),[99] d. h. „Every two minutes, humans take more photos than ever existed in total 150 years ago. […] After all, that 657 billion number is just photos that were uploaded online, not ones that are stored on someone’s computer.”[100] Das 21. Jahrhundert produziert demnach alle zwei Minuten mehr Fotos, als in allen Jahrhunderten zuvor, ein Umstand, der nicht zuletzt auch mit den technischen und sozialen Entwicklungen bzw. Gegebenheiten zusammenhängt. Das digitale Foto entwickelte sich somit zur gängigsten digitalen Reproduktionsmethode unserer Zeit. Zu Zeiten der Bilderbogen waren die Möglichkeiten der Vervielfältigung indes deutlich beschränkter, ihre Nutzung indes vielfältiger, denn jeder Bogen wurde – je nach Herausgeber – auf unterschiedliche Weise reproduziert bzw. gedruckt.
Bis ins 19. Jahrhundert dominierte der Holzschnitt, der sich bereits im 16. Jahrhundert etablierte und dem Kupferstich dann vorgezogen wurde, wenn ein günstiger Druck entstehen sollte:
Im Laufe des 17. Jahrhunderts wird der Kupferstich zur dominierenden Reproduktionstechnik. Es handelt sich um ein Tiefdruckverfahren, bei dem die zu druckenden Linien (für Flächeneindrücke Parallel- und Kreuzschraffuren) in eine Kupferplatte eingeritzt werden; in die so entstandenen Rillen wird Farbe hineingerieben […], die dann mit Druck unter der Walzenpresse auf den Papierbogen übertragen wird. Kupferstiche erlauben mehr Abzüge, erhöhen also die Auflage. Allerdings ist die Herstellung aufwändiger; so bleibt einerseits der Holzschnitt als billigere Technik für (künstlerisch) weniger anspruchsvolle Bilderbögen fürs ‚einfache Volk‘ erhalten, wird andererseits der edlere Kupferstich für bürgerliche Kunden mit höherem Kunstanspruch und höherer Kaufkraft produziert.[101]
Theodor Kohlmann verweist auf weitere Druckmethoden:
Der volkstümliche Kupferstich und die volkstümliche Radierung, die es neben den feinen, für höfische und bürgerliche Kreise bestimmten Kupferstich und Radierungen schon seit dem 17. Jahrhundert gegeben hat, sind über das ganze 18. Jahrhundert hin fast nur auf Augsburg und Nürnberg konzentriert. […] Die meisten Augsburger Kupferstecher arbeiteten auf Grund eines kaiserlichen Privilegs. […] Während in Frankreich die Firma Pellerin in Epinal diese Technik noch länger beibehält und bis in unsere Zeit hinein Neudrucke von den alten Holzstöcken produziert, finden sich die letzten Beispiele für den Holzschnitt-Bilderbogen in Deutschland in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. […] Im 19. Jahrhundert setzt sich zunächst der Holzstich als Massendruckverfahren durch. [Er] nutzt […] nicht, wie der Holzschnitt, das relativ weiche Langholz, sondern das harte Hirnholz (insbesondere von Buchsbaum).[102]
Auch in Neuruppin (Kühn), Berlin (Zürngibl und Litfaß), Halle und Hamburg setzt man auf Holzschnitte.[103] Radierungen überwogen in Nürnberg (Campe, Riedel) bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts (1853).[104] Der Kupferstich war nur in den Städten Augsburg und Nürnberg als Reproduktionsmethode zugelassen.[105] Langsam setzte sich jedoch die Lithographie durch:
Ab etwa 1830 gehört das Feld der Lithographie. Georg Nikolaus Renner (1803 – 1854) in Nürnberg produziert ab 1826 seine Bilderbogen in dieser zwar schon 1796 der Öffentlichkeit vorgestellten, aber erst in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts für den künstlerischen und den populären Bilddruck verstärkt eingesetzte Technik. Renners volkstümliche Drucke sind nicht ohne Einfluß auf Neuruppin geblieben. In der Tat ist der Neuruppiner Bilderbogen zunächst eine Reaktion auf die Nürnberger Produktion. […] Erst Gustav Kühn steigt groß in das Bilderbogengeschäft ein, nachdem er 1825 die Lithographie eingeführt hatte.[106]
In anderen Städten verwendete man ebenfalls diese Technik: Magdeburg (Robrahn), Weißenburg im Elsass, Wien (Barth, Trensensky), Düsseldorf (Arnz & Co, Winkelmann & Söhne), Mainz (Scholz) oder Eßlingen (Schreiber),[107] während in den Münchener Bilderbogen der Holzstich zur Anwendung kam – zu ihren Künstlern zählen u. a. Wilhelm Busch, Lothar Meggendorfer und Franz Graf von Pocci.[108] Auch die Deutschen Bilderbogen für Jung und Alt nutzten Holzstichvorlagen, ebenso weiterhin Gustav Kühn.[109] Es zeigt sich: Bilderbogenkünstler müssen bei der Anfertigung ihrer Vorlagen auch die Drucktechnik berücksichtigen. Zudem wurden die Vorlagen vor dem Druck gegebenenfalls von einem Stecher oder einem Lithografen auf die Druckplatte übertragen. Zu welchen qualitativen Veränderungen das jeweilige Verfahren führen kann, zeigt eine Übertragung desselben Bildes von der Autografie (Umdruck) zum Kupferstich von Töpffers Histoire de Monsieur Cryptogame von 1845. Trotz einer gewissen Freiheit in der Linienführung wirkt die Kupferstichumsetzung steif, nahezu verkrampft und versprüht nicht den eigenwillig-lebhaften Charme des Originals (hinzu kommt die spiegelverkehrter Darstellung). Dietrich Grünewald weist zudem, auf Verfälschungen hin, die bei der Übertragung eines Motivs auf die Druckplatte entstehen kann.[110] Das wichtigste Element einer Zeichnung, die Linie,[111] scheint in der Kupferstichfassung gewissen Einschränkungen zu unterliegen. Jene Linie und ihre Führung im Einklang mit den Druckmethoden soll nun noch einmal genauer betrachtet werden.
Die Linie unterliegt in ihrer Urform immer der Hand des Künstlers selbst. Bereits durch die Wahl seiner Linienführung, sei sie traditioneller oder moderner Natur (wie z. B. bei Wilhelm Busch oder Lothar Meggendorfer), beeinflusst er das künstlerische Endergebnis. Grundlage des modernen Ansatzes stellt dabei, so Thierry Smolderen, das Gekritzel (Doodle) dar, wie man es von Rodolphe Töpffer kennt und das, so Smolderen, zu einem der Ecksteine seiner Kunsttheorie wurde.[112] Die freie Linie, man findet sie etwa auch in Sternes Tristram Shandy,[113] stellen ein Novum in der Verbindung von Text und Bild dar und wurde von Rodolphe Töpffer in seinem Essai de physiognomie umrissen:[114]
Completely overlooked today, Töpffer’s thoughts on art clarify the origins of a preference that was to amplify with time: after being carried by the tradition of humoristic illustration, the awkward, infantile, spontaneous drawing would, under the direct influence of caricature and satirical drawing, settle down for the long term in the world of contemporary art at the start of the twentieth century.”[115]
Töppfer sei vor allem deshalb an dieser Art von Kunst interessiert gewesen, weil sie sich dem ‚taught drawing‘ entzog:[116]
Against academic art that is ‘all studies’, always ‘reasoned’ and ‘measured’, Töpffer proffers this essential criticism: academic drawing lacks ‘the principle of life that should animate all parts of art; the divine breath that cannot be measured or captured, which can be helped by study, but remains independent from it; which one can meet but cannot learn” (Töpffer 1998, 126). All of Töpffer’s theory is founded on this profession of faith. But where many of today’s artistic instructors are happy to paraphrase this postulate in the form of a mantra (and in less devout terms), Töpffer used it as a basis from which he constructed a sophisticated semiotics of anti-academic drawing, as a form of art that is all about the processes of creative intention and thought and quite indifferent to the challenge of imitating reality per se.[117]
Die Schönheit und die Besonderheit der Linie, wie sie heute in Comics allgegenwärtig ist, fußt demnach auf einer antiakademischen Herangehensweise, einer freien Form, die sich aber dennoch an einer gewissen akademischen Grundlage orientiert. Ein Strich also, der das erlernte Handwerk um eigene Techniken bereichert. Der Künstler, der sich vom Kunsthandwerker (z. B. Postkartenmaler) unterscheidet, da sein Strich nicht nur die Realität abbildet, sondern sich auf der Suche befindet, bereichert eine Idee um das Ungewisse, Ungeplante.[118] Das Befolgen der Regeln steht der genuinen Inspiration gegenüber, behindert die Individualität.[119] Und so werden jene Bilderbogen als besonders modern empfunden, die sich im Spannungsfeld zwischen akademischer und freier Vorgehensweise befinden. Hierzu zählen aber nicht nur die Werke Buschs oder Meggendorfers, sondern auch diverse anthropomorphe Zeichnungen oder – als besonderes Stilmittel – Einzelpanels, wie etwa im Bogen Ritter Blaubart.
Problematisch gestaltet sich indes die druckfähige Umsetzung der Vorlage, denn auch sie beeinflusst das gedruckte Endergebnis, gleichzeitig aber auch den Zeichenstil des Künstlers und die künstlerische Gesamtgestaltung des Bildes:
Da die Künstler ihre Entwürfe auf das Hirnholz selbst übertragen mussten, entwickelten manche Künstler, allen voran Wilhelm Busch, einen pointierten, knappen Stil, der in Bildscherzen auf klare Umrisse mit sparsamen Schraffuren setzt. Um sich unnötige Arbeit zu ersparen, wurden Zeichnungen entworfen, die von ihrer Anlage her, problemlos und ohne großen Aufwand auf den Holzstock zu übertragen waren […].
Die Kleinen Honigdiebe wurden im 11. Jahrgang des Münchener Bilderbogens als erste Bildgeschichte von Wilhelm Busch veröffentlicht. Im Vergleich zu späteren Bogen Buschs lässt sich die Entwicklung seines Zeichenstils zu einer pointierten Umsetzung mit wenigen, aber dafür markanten Umrisslinien und zurückhaltender Schraffur beobachten.[120]
Künstler wie Wilhelm Busch arrangierten sich folglich mit den Möglichkeiten, entwickelten ihren Stil, der sich deutlich von alten künstlerischen Ausarbeitungen abhob. Probleme bereiteten Gemälde:
Die Stecher mussten das Bild maßstabsgetreu verkleinert und zusätzlich eine Farbigkeit simulieren. Da das Hartholz in seinem Querschnitt bei der Bearbeitung einen hohen Widerstand bot, konnten mittels feiner Stege eine Vielzahl von Linien Hell-Dunkel-Abstufungen erzeugt werden, so dass der Eindruck einer Tonwertigkeit entstand. Dieser sogenannte Tonstich wurde im 19. Jahrhundert zu der populärsten Illustrationstechnik, die erst durch die Farblithographie abgelöst wurde.[121]
Zur Perfektion brachte den Holzstich Moritz von Schwind, dessen Der gestiefelte Kater (Korpus 393) hohe künstlerische Anerkennung widerfuhr. Hier zeigt sich, wie sehr die Dichotomisierung von hoher und niederer Kunst die Gesellschaft spaltete, denn ein so vollkommenes Bild zu einem niedrigen Preis brachte einerseits eine gewisse Ablehnung hervor, während es andererseits vom Kunstverein München ausgestellt wurde. Spätere Ausgaben waren koloriert und in ihrem Charme deutlich gemindert.[122]
Es zeigt sich also, dass die Ästhetik des Bilderbogens des 19. Jahrhunderts eine gewisse Eigenständigkeit besitzt, die man auf den ersten Blick zu erkennen vermag. Lediglich einige wenige Zeichner, deren freie Linienführung auch den Comic des 20. Jahrhunderts beeinflusste, stachen besonders heraus, prophezeiten einen lockeren, heute üblichen Schwung, der sich deutlich von der Ästhetik der Zeit abzusetzen vermochte. Und so ist es dem Rezipienten ohne weiteres möglich, anhand der Linienführung und der Drucktechnik eines Bogens bereits auf den ersten Blick grob zu bestimmen, aus welchem Bilderbogenverlag / welcher Region der jeweilige Bilderbogen entspringt.
Belege:
[1] Vgl. Zaepernick, Gertraud: Neuruppiner Bilderbogen der Firma Gustav Kühn. Mit einem Beitrag von Wilhelm Fraenger. Leipzig 1971. S. 11.
[2] Becker, Thomas: Einführung. Legitimität des Comic zwischen interkulturellen und intermedialen Transfers. In: Comic. Intermedialität und Legitimation eines popkulturellen Mediums. Hrsg. von Thomas Becker. Essen u. Bochum 2011. S. 8 ff.
[3] Vgl. etwa: Platthaus, Andreas: Ein Prinz, der unter den Helden ein König ist. Wie Harold Foster aus seinem Leben die Abenteuer von Prinz Eisenherz gewann. In: Klassiker der Comic Literatur. Ausgewählt vom F.A.Z.-Feuilleton 3. Frankfurt am Main 2005. S. 3.
[4] Ebd.
[5] Hierzu: Sackmann, Eckart: ‚Die Braune Post‘. Die Nazis und die Sprechblase. In: Deutsche Comicforschung 2016. Hrsg. von Eckart Sackmann. Leipzig: 2015. S. 74 – 84.
[6] Vgl. etwa: Busch, Wilhelm: Sämtliche Bilderbogen in einem Band. Mit einem Vorwort von Michael Schwarze. Zürich 1979.
[7] Vgl. Sackmann, Eckart: Worte auf den Weg. In: Deutsche Comicforschung 2015. Hrsg. von Eckart Sackmann. Hildesheim: 2014. S. 4.
[8] Vgl. Faulstich, Werner: Medienwandel im Industrie- und Massenzeitalter (1830 – 1900). Göttingen: 2004. S. 111.
[9] Vgl. Brakensiek, Stefan (Hg.): Alltag, Klatsch und Weltgeschehen. Neuruppiner Bilderbogen. Ein Massenmedium des 19. Jahrhunderts. Bielefeld 1993. S. 16.
[10] Vgl. Faulstich, Werner: Medienwandel im Industrie- und Massenzeitalter (1830–1900). S. 121.
[11] Maase, Kaspar: Die Kinder der Massenkultur. Kontroversen um Schmutz und Schund seit dem Kaiserreich. Frankfurt am Main: 2012. S. 33.
[12] Vgl. Eco, Umberto: Apokalyptiker und Integrierte. Zur kritischen Kritik der Massenkultur. Frankfurt am Main 1986. S. 45.
[13] Vgl. Held, Claudia: Familienglück auf Bilderbogen. Die bürgerliche Familie des 19. Jahrhunderts im Spiegel der Neuruppiner Druckgraphik. Bonn 1992. S. 4 ff.
[14] Vgl. Gawlick, Henry: Die Bildergalerie der kleinen Leute. Truhenbilder in Mecklenburg und Vorpommern. Rostock 2001. S. 139.
[15] Vgl. Held, Claudia: Familienglück auf Bilderbogen. S. 12.
[16] Dietrich Grünewald verweist auf den Ursprung des Bilderbogens im Einzelblatt mit religiösen Motiven, die im 14. Jahrhundert aufkamen und zur Andacht und Wallfahrt gedacht waren, ehe man in der Renaissance und Reformation auch weltlichen Themen verbreitete, ehe im 18. und 19. Jahrhundert der Bilderbogen entstand. (Vgl. Grünewald, Dietrich: Bilderbogen. Lektüre für’s „Volk“, für Jung und Alt. In: Kinder- und Jugendliteratur. Ein Lexikon. Hrsg. von Kurt Franz et. al. Meitingen 2016. S. 1 – 39.)
[17] Vgl. Held, Claudia: Familienglück auf Bilderbogen. Die bürgerliche Familie des 19. Jahrhunderts im Spiegel der Neuruppiner Druckgraphik. Bonn 1992. S. 20 ff.
[18] Vgl. Sackmann, Eckart: Das 19. Jahrhundert – vom Bilderbogen zur Comic Section. In: Deutsche Comicforschung 2013. Hrsg, von Eckart Sackmann. Hildesheim 2012. S. 23 ff.
[19] Vgl. ebd. S. 23.
[20] Vgl. ebd. S. 46.
[21] Vgl. Sackmann, Eckart: Propaganda im 1. Weltkrieg: Lustige Blätter in ‚ernster Zeit‘. In: Deutsche Comicforschung 2014. Hrsg. von Eckart Sackmann. Hildesheim 2013. S. 36.
[22] Vgl. Sackmann, Eckart: Bunte Kriegsbilderbogen. In: Deutsche Comicforschung 2008. Hrsg. von Eckart Sackmann. Hildesheim 2007. S. 47.
[23] Vgl. Teltow, Andreas: ‚Bunte Kriegsbilderbogen‘ – zum zweiten. In: Deutsche Comicforschung 2014. Hrsg. von Eckart Sackmann. Hildesheim 2013. S. 46 ff.
[24] Siehe hierzu: Packard, Stephan: Gesellschaft für Comicforschung. Publikationen. http://www.comicgesellschaft.de/category/comicgesellschaft/publications/ [konsultiert am 15.04.2019].
[25] Vgl. Grünewald, Dietrich: Bilderbogen. Lektüre für’s „Volk“, für Jung und Alt. In: Kinder- und Jugendliteratur. Ein Lexikon. Hrsg. von Kurt Franz et. al. Meitingen 2016. S. 1 – 39.
[26] Vgl. Lauer, Bernhard (Hg.): Brüder Grimm-Journal 9 (2017).
[27] Vgl. ebd. S. 46.
[28] Vgl. Clausberg, Karl: Metamorphosen am laufenden Band. Ein kurzgefaßter Problemabriß der Sprechblasenentwicklung. In: Ästhetik des Comic. Hrsg. von Michael Hein et. al. Berlin 2002. S. 18.
[29] Butor, Michel: Die Wörter in der Malerei. Ein Essay. Aus dem Französischen von Helmut Scheffel. Frankfurt am Main 1992. S. 9.
[30] Koschnik, Leonore: Zur Einführung. In: In: Gier nach neuen Bildern. Flugblatt, Bilderbogen, Comicstrip. Hrsg. von Leonore Koschnick u. Benjamin Mortzfeld. Stuttgart 2017. S. 11.
[31] Vgl. Maase, Kaspar: Die Kinder der Massenkultur. S. 57.
[32] Vgl. ebd. S. 90 ff.
[33] Vgl. Ullrich, Wolfgang: Haben wollen. Wie funktioniert die Konsumkultur? Frankfurt am Main 2006. S. 17 f.
[34] Bauman, Zygmunt: Leben als Konsum. Hamburg 2009. S. 73.
[35] Bauman schreibt der Konsumkultur allerdings ähnlich manipulativ-betäubende Wirkung zu und verweist auf den Versuch von Werbung und Produkt, Käufer mittels Ware zu betäuben. Wer nicht am Konsum teilhaben kann werde ähnlich behandelt wie zuvor Invalide und für den Krieg oder Arbeit ungeeignete Personen. Vgl. Bauman, Zygmunt: Leben als Konsum. S. 74 f.
[36] Gleiches galt im 19. Jahrhundert auch für die Bildung. Karl May etwa, nach eigenen Angaben „Sohn blutarmer Webersleute“, wurde immerhin Lehrer, was nur deshalb möglich war, weil seine gesamte Familie hungerte. Er selbst hatte als Lehrer nicht einmal die günstigste Taschenuhr, um die Unterrichtszeiten zu bestimmen, und lebte mit einem Buchhalter auf engstem Raum zusammen. Vgl. May, Karl: Mein Leben und Streben. Autobiografische Schriften. Berlin o. J. S. 46.
[37] Vgl. Ullrich, Wolfgang: Haben wollen. S. 19.
[38] Vgl. hierzu auch Bürger, Christa: Einleitung. Die Dichotomie von hoher und niederer Literatur. Eine Problemskizze. In: Zur Dichotomisierung von hoher und niederer Literatur. Hrsg. von Christa Bürger et. al. Frankfurt am Main 1982. S. 9 – 39.
[39] Zwar ist Literatur in den letzten Jahrzehnten zunehmend aus dem Fokus des Bürgertums (hier gleichzusetzen mit Lehrern, Politikern etc.) verschwunden, zensiert oder beschlagnahmt wird sie nur noch selten (mit Ausnahme verfassungsfeindlicher Schriften). Ausnahmen waren hingegen der Roman American Psycho von Bret Easton Ellis und Mein erstes Shopping Buch von Judith Wilske und Andre Erlen (beide Bücher sind inzwischen nicht mehr indiziert), satirische Beiträge zum Konsumverhalten. Anders sieht es nach wie vor in den Bereichen Film, Musik und (seit den späten 1970er Jahren) Computerspielen aus: Während Computerspielen und ihren Spielern nachgesagt wird, gewalttätig und misogyn zu sein (vgl. Diskussionen um Amokläufer und – in den USA – Gamergate), werden Computerspiele in Deutschland nach wie vor nicht als Kunst anerkannt. Sowohl Filme als auch Computerspiele werden darüber hinaus einer freiwilligen Altersverifizierung unterzogen, die keineswegs so frei ist, wie der Name suggeriert. Wird ein Medium nicht von staatlicher Stelle freigegeben, kann eine Indizierung oder Beschlagnahme erfolgen (was auf die meisten Titel zutrifft, die anstelle einer USK / FSK-Freigabe nur ein Unbedenklichkeitsschreiben der Juristenkommission der SPIO tragen. Während eine Indizierung nach knapp zwei Jahrzehnten erneut geprüft wird, ist es kaum möglich, einen beschlagnahmten Titel wieder freizugeben). Es besteht darüber hinaus Werbeverbot (unter die u. U. auch eine zu positive Berichterstattung fallen kann). Strikte Auflagen, was den Verkauf in öffentlichen Warenhäusern betrifft, kommen als Verkaufshürde hinzu. Im Februar 2014 umfasste der Index 71 Seiten an Material, dem der künstlerische Wert größtenteils abgesprochen wird. Unter den indizierten und beschlagnahmten Medien findet sich kein einziges Werk, das dem gemeinen Verständnis von Hochkultur folgt. Besonders deutlich wird die Willkür der Zensur im Hinblick auf den Film Evil Dead von Sam Raimi. Nicht nur, dass die gesetzlichen Bestimmungen, um ein Verbot zu rechtfertigen, erweitert wurden, auch Raimis Aussage, er sehe den Film selbst nicht als Kunstwerk an, wurde zur Rechtfertigung eines Verbots herangezogen. Im Jahre 2017 hob man die Beschlagnahme des betreffenden Filmes ebenso wie seine Indizierung auf und es erfolgte eine Freigabe der Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft GmbH ab 16 Jahren. (Vgl. hierzu auch: VideoRaider: Tanz der Teufel. Eine Retrospektive. http://www.schnittberichte.com/artikel.php?ID=54 1. Und: Hönge, Folker: Freigabebescheinigung FSK Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft GmbH. Tanz der Teufel. https://www.spio-fsk.de/asp/fskkarte.asp?pvid=571152 2.)
[40] Bezogen auf Literatur war der Rezipientenkreis vor allem weiblich. Ullrich setzt das Lesen eines Romans mit dem Besuch eines Warenhauses gleich: Eingeschnürt in ein starres Rollenkorsett boten Romane und Waren die Möglichkeit, für kurze Zeit eine alternative Biografie zu entwickeln, Freiräume auszuprobieren. Vgl. Ullrich, Wolfgang: Haben wollen. S. 49 f.
[41] Vgl. Maase, Kaspar: Grenzenloses Vergnügen. Der Aufstieg der Massenkultur 1850 – 1970. Frankfurt am Main 1997. S. 16.
[42] Vgl. May, Karl: Mein Leben und Streben. Autobiographische Schriften . Berlin o. J. S. 110 – 113.
[43] Vgl. ebd.
[44] Vgl. Maase, Kaspar: Grenzenloses Vergnügen. S. 60.
[45] Maase, Kaspar: Grenzenloses Vergnügen. S. 61.
[46] Ein ästhetisches Diktat, das sich in dieser Form bis heute nachweisen lässt. Besonders in der klassischen Musik treten diese ästhetischen Vorurteile immer noch hervor. Orchester, deren Repertoire sich über Dekaden hinweg nicht änderte und immer nur dann neue Stücke aufnimmt, wenn entsprechendes Stück zum modernen Klassiker erklärt wird, beherrschen die Szene, das Gegenstück dazu findet sich in der Neuen Musik, in der zwar avantgardistische Kompositionen aufgeführt werden – eine gewisse Erwartungshaltung formte soch dennauch heraus (z. B. wird jegliche Form von tonaler Melodienführung oder populärer Rhythmik abgelehnt).
[47] Vgl. Maase, Kaspar: Grenzenloses Vergnügen. S. 61.
[48] Vgl. zu Karl May auch seine Ausführungen zur verheerenden Wirkung der Trivialliteratur auf ihn selbst in: May, Karl: Mein Leben und Streben. Autobiographische Schriften. Berlin o. J. S. 110 ff.
[49] Vgl. Masse, Kasper: Grenzenloses Vergnügen. S. 59.
[50] Dettmar, Ute und Thomas Küpper: Kritik der Gefühlsdarstellung im ausgehenden 18. Jahrhundert. Historische Vorläufer der Kitsch-Diskussion. In: Kitsch. Texte und Theorien. Hrsg. von Ute Dettmar und Thomas Küpper. Stuttgart 2007. S. 56.
[51] Maase, Kaspar: Grenzenloses Vergnügen: S. 35.
[52] Maase, Kaspar: Grenzenloses Vergnügen: S. 35.
[53] Vgl. Maase, Kaspar: Die Kinder der Massenkultur. S. 18.
[54] Ackerknecht, Erwin: Der Kitsch als kultureller Übergangswert. Bremen 1950. (=Schriftenreihe „Bücherei und Bildung“). S. 18.
[55] Vgl. Maase, Kaspar: Die Kinder der Massenkultur. S. 19.
[56] Peter Bürger verweist auf den französischen Buchmarkt des frühen 19. Jahrhunderts. Auch hier wurden Fortsetzungsromane herausgegeben, der Grund war jedoch gänzlich anders, denn obwohl die technischen Voraussetzungen zur Massenproduktion bereits gegeben waren, verwendete man vorerst eine andere Strategie. „Statt das von der (wenngleich langsam) fortschreitenden Alphabetisierung geforderte preiswerte Taschenbuch zu produzieren, ziehen es die Verleger vor, einen Roman in zwei oder drei Bänden zu veröffentlichen (von denen jeder 7,50 Francs kostet), um so an dem Gewinn der Lektürekabinette teilzuhaben. Erst 1838 wagt der Verleger Charpentier, eine preiswerte Buchreihe herauszubringen, beschränkt sich dabei aber auf Klassikerausgaben.“
Bürger, Peter: Literarischer Markt und autonomer Kunstbegriff. In: Zur Dichotomisierung von hoher und niederer Literatur. Hrsg. von Christa Bürger et. al.. Frankfurt am Main 1982. S. 243.
[57] Vgl. Maase, Kaspar: Die Kinder der Massenkultur. S. 92.
[58] Vgl. Maase, Kaspar: Die Kinder der Massenkultur. S. 19.
[59] Maase, Kaspar: Die Kinder der Massenkultur. S. 31.
[60] Vgl. Maase, Kaspar: Die Kinder der Massenkultur. S. 31.
[61] Vgl. Maase, Kaspar: Die Kinder der Massenkultur. S. 96 ff.
[62] Vgl. Maase, Kaspar: Grenzenloses Vergnügen. S. 162.
[63] Vgl. Maase, Kaspar: Die Kinder der Massenkultur. S. 336.
[64] Maase, Kaspar: Die Kinder der Massenkultur. S. 126.
[65] Im Bezug auf das Kino wundert es auch nicht, dass man z. B. in Hamburg dazu überging, Kindern den Besuch zu verweigern und sie nur zu besonderen Nachmittagsvorführungen mit kontrollierten Inhalten zuließ. (Vgl. Maase, Kaspar: Die Kinder der Massenkultur. S. 135.)
[66] Maase, Kaspar: Die Kinder der Massenkultur. S. 221.
[67] Micky Maus erschien zwischen 1930 und 1931 in Arbeiter Illustrierte Zeitung sowie in Kölnische Illustrierte und der Thüringer Allgemeinen Zeitung bzw. in Erfurter Allgemeiner Anzeiger. Ein Micky-Maus-Brettspiel wurde 1930 in Hannoverscher Anzeiger verbreitet. Vgl. Sackmann, Eckart: Frühe ‚Micky Maus‘. Zeitungsstrips in Deutschland. In: Deutsche Comicforschung 2016. Hrsg. von Eckart Sackmann. Leipzig 2015. S. 65 – 73.
[68] Vgl. hierzu: Platthaus, Andreas: Ein Prinz, der unter den Helden ein König ist. S. 3.
[69] Anonymus: Comics. Opium der Kinderstube. In: DER SPIEGEL 12 (1951). S. 39.
[70] Wertham verfasste u. a. das umstrittene Buch Seduction of the Innocent, in dem er die negativen Auswirkungen von Comics auf Jugendliche und Kinder nachzuweisen versuchte. Vgl. hierzu: Wertham, Frederic: Seduction of the Innocent. New York 1954.
[71] Anonymus: Comics. Opium der Kinderstube. In: DER SPIEGEL 12 (1951). S. 39.
[72] Vgl. hierzu: Brinkmann, B.: Das Jugendbuch. Der Giftstrom der Comic-Books. In: Der Katholische Erzieher 8 (1955).
[73] Vgl. Brinkmann, B.: Das Jugendbuch. S. 68.
[74] Vgl. Baumgärtner, Alfred Clemens: Die Welt der Comics. Probleme einer primitiven Literaturform. Bochum o. J. S. 97.
[75] Vgl. Baumgärtner, Alfred Clemens: Die Welt der Comics als semiologisches System. Ansätze zur Decodierung eines Mythos. In: Vom Geist der Superhelden Comic Strips. Zur Theorie der Bildergeschichte. Hrsg. von Hans Dieter Zimmermann. München 1973. S. 98.
[76] Vgl. Baumgärtner, Alfred Clemens: Die Welt der Comics. S. 92 – 93.
[77] Baumgärtner, Alfred Clemens: Die Welt der Comics. S. 93.
[78] Baumgärtner, Alfred Clemens: Die Welt der Comics. S. 93.
[79] Vgl. Brinkmann, B.: Das Jugendbuch. S. 68.
[80] Vgl Baumgärtner, Alfred Clemens: Die Welt der Comics. S. 110.
[81] Vgl. Baumgärtner, Alfred Clemens: Die Welt der Comics. S. 110.
[82] Baumgärtner, Alfred Clemens: Die Welt der Comics. S. 110 – 111.
[83] Baumgärtner, Alfred Clemens: Die Welt der Comics. S. 112.
[84] Baumgärtner, Alfred Clemens: Die Welt der Comics. S. 6.
[85] Vgl. Anonymus: Comics. Opium der Kinderstube. S. 39.
[86] Auringer, Julian: Vulpius im Kontext der Comic-Forschung. o. V. 2013. S. 13.
[87] Vgl. hierzu: Eco, Umberto: Apokalyptiker und Integrierte. Zur kritischen Kritik der Massenkultur. Frankfurt am Main 1986.
[88] Vgl. Auringer, Julian: Vulpius im Kontext der Comic-Forschung. o. V. 2013. S. 18.
[89] Vgl. Zaepernick, Gertraud: Neuruppiner Bilderbogen der Firma Gustav Kühn. S. 7.
[90] Wobei sich Sackmann generell auf Comics, Butor und Clausberg eher auf Schrift bzw. Worte in der Malerei beziehen.
[91] Vgl. hierzu: Töpffer, Rodolphe: Komische Bilderromane. Erster Band u. Zweiter Band. Leipzig o. J.
[92] Vgl. hierzu: Vulpius, Christian August: Geschichte der auf der Insul Brolingsbrogh errichteten Kolonie. I. – V. Theil also erster Hand. Mit Kupfern. Weimar: Goethe- und Schiller Archiv: GSA 114/88.
[93] Vgl. hierzu: Schiller, Friedrich: Avanturen des neuen Telemachs. Eine Geschichte in Bildern. Texte von Ludwig Ferdinand Huber. Mit einem Nachwort herausgegeben von Karl Riha. Frankfurt am Main 1987.
[94] Vgl. hierzu: Grimm, Ludwig Emil: Kurze Lebensbeschreibung einer merkwürdigen und liebevollen Sau, geboren in Ihringshausen im Jahr 1849. Hrsg. von Julian Auringer und Antonia Stolz. Berlin 2017.
[95] Vgl. hierzu z. B.: Butor, Michel: Die Wörter in der Malerei. Ein Essay. Aus dem Französischen von Helmut Scheffel. Frankfurt am Main 1992. Und: Clausberg, Karl: Metamorphosen am laufenden Band. Ein kurzgefaßter Problemabriß der Sprechblasenentwicklung. In: Ästhetik des Comic. Hrsg. von Michael Hein et. al. Berlin 2002. Oder: Perry, George und Alan Aldridge: The Penguin Book of Comics. Middlesex 1967.
[96] Vgl hierzu: Gawlick, Henry: Die Bildergalerie der kleinen Leute. Truhenbilder in Mecklenburg und Vorpommern. Rostock 2001.
[97] Mortzfeld, Benjamin: In: Gier nach neuen Bildern. Flugblatt, Bilderbogen, Comicstrip. Hrsg. von Leonore Koschnick u. Benjamin Mortzfeld. Stuttgart 2017. S. 12.
[98] Vgl. Maase, Kaspar: Die Kinder der Massenkultur. S. 33.
[99] Vgl. Eleveth, Rose: How Many Photographs of You Are Out There In the World? Now that cameras are ubiquitous, photographs of ordinary people are everywhere, too. https://www.theatlantic.com/technology/archive/2015/11/how-many-photographs-of-you-are-out-there-in-the-world/413389/ [konsultiert am 04.04.2019].
[100] Vgl. ebd.
[101] Grünewald, Dietrich: Bilderbogen. Lektüre für’s „Volk“, für Jung und Alt. In: Kinder- und Jugendliteratur. Ein Lexikon. Hrsg. von Kurt Franz et. al. Meitingen 2016. S. 1 – 39.
[102] Vgl. Kohlmann, Theodor: Zur Geschichte des Bilderbogens. In: Die große Welt in kleinen Bildern. Berliner Bilderbogen aus zwei Jahrhunderten. Hrsg. von der Stiftung Stadtmuseum Berlin. Berlin 1999. S. 13.
[103] Vgl. ebd. S. 13 f.
[104] Vgl. ebd. S. 15.
[105] Vgl. ebd. S. 13 f.
[106] Vgl. ebd.
[107] Vgl. ebd. S. 16 f.
[108] Vgl. ebd. S. 17.
[109] Vgl. ebd.
[110] Grünewald, Dietrich: Bilderbogen. Lektüre für’s „Volk“, für Jung und Alt. S. 1 – 39.
[111] Vgl. hierzu auch: Börnchen, Stefan: Poetik der Linie. Wilhelm Busch, Max und Moritz und die Tradition. Hannover 2015.
[112] Vgl. Smolderen, Thierry: The Origins Of Comics. From Hogarth to Winsor McCay. Translated by Bart Beaty and Nick Nguyen. Jackson 2014. S. 27.
[113] Vgl. Smolderen, Thierry: The Origins Of Comics. S. 48.
[114] Vgl. Töpffer, Rodolphe: Essai de physiognomie. https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b8529034f [konsultiert am 02.04.2019].
[115] Smolderen, Thierry: The Origins Of Comics. From Hogarth to Winsor McCay. Translated by Bart Beaty and Nick Nguyen. Jackson 2014. S. 27.
[116] Vgl. ebd. S. 28.
[117] Vgl. ebd. S. 28.
[118] Vgl. hierzu auch: Eyeworks Film: Visite A Picasso. https://www.youtube.com/watch?v=jyaPbReAumw [konsultiert am 08.04.2019]. Hier ist Pablo Picasso beim kreativen Findungsprozess zu beobachten. Auf einer Glasscheibe malend wird dem Zuschauer vermittelt, wie freie Linienführung immer auch einen Prozess der künstlerischen Findung darstellt.
[119] Vgl. Smolderen, Thierry: The Origins Of Comics. S. 30.
[120] Universität Regensburg Web-Redaktion. https://www.uni-regensburg.de/bibliothek/bilderbogen/muenchener-bilderbogen/holzstich/index.html [konsultiert am 09.04.2019].
[121] Vgl. ebd.
[122] Vgl. ebd.